Sol Gabetta & London Philharmonic Orchestra in der Lübecker MuK

SHMF 2023
Sol Gabetta & London Philharmonic Orchestra

Bei einem Festivalsommer mit dem Schwerpunkt London darf das London Philharmonic Orchestra mit seinem Chefdirigenten Edward Gardner nicht fehlen. Ebenso unerlässlich ist Edward Elgar als einer der bedeutendsten Komponisten Englands, der hier mit zwei Konzerten auftrumpft, einmal mit seinem berühmten Cellokonzert sowie der Sinfonie Nr. 1 As-Dur op.55. Das sind Londoner Schwergewichte in Konzertkultur pur.

Für das Cellokonzert tritt die Star-Solistin Sol Gabetta auf. Sie ist dem Festival bestens vertraut, war sie doch schon 2014 Porträtkünstlerin des SHMF. Nach einem fetzigen Warm-Up des Orchesters mit einer modern jazzigen Opern-Suite aus "Powder Her Face" des zeitgenössischen Thomas Ades schwebt sie gehüllt in eine Wolke aus weißem, leicht gestreiftem Chiffon auf die Bühne. Rein optisch mit den üppig arrangierten Stoffbahnen ein Kunstwerk für sich.

Sol Gabetta & London Philharmonic Orchestra unter Edward GardnerSol Gabetta & London Philharmonic Orchestra unter Edward GardnerBereits vor fünf Jahren hat Sol Gabetta das Cello-Konzert von Elgar mit den Elbphilharmonikern unter Christoph Eschenbach beim SHMF gegeben. Seitdem ist ihr Spiel weiter gereift, sie scheint viel gelöster und selbstbewusster geworden zu sein. An diesem Abend brilliert sie mit dem London Philharmonic Orchestra auf besonders charmante Art und Weise. Sie beginnt allein, weich und sentimental, bis das Orchester sie ebenso sensibel einsetzend unterstützt. Der Komponist stand bei diesem relativ späten Werk unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges und litt wohl auch unter der damaligen Krankheit seiner Frau. Dieser Schmerz, diese Trauer wird von Gabetta feinfühlig wiedergegeben. Die melancholische Grundstimmung lockert sich in den folgenden Sätzen auf, das Spiel wird virtuoser und fröhlicher, was sich auch an dem Lächeln der Solistin ablesen lässt. Ihre Freude über das vertrauensvolle Zusammenspiel mit dem Orchester ist ihr deutlich anzusehen, anmutig schmunzelnd hält sie immer wieder Augenkontakt zum Dirigenten sowie zur ersten Geige. Dabei bewältigt sie, innig in ihr Instrument vertieft, die schwierigsten Passagen. Das Orchester begleitet meisterhaft zurückhaltend, lässt ihr immer die Hauptrolle.

Das Publikum in der ausverkauften Musik- und Kongresshalle tobt vor Beifall. Es wird von der Solistin und dem Orchester mit einem kurzen weiteren Stück von Edward Elgar, "Sospiri" (übersetzt der Seufzer), belohnt. Sol Gabetta lässt sich zu einer zweiten Zugabe hinreißen und spielt den zweiten Satz aus dem Werk "Gramata Cellam" (Buch für Violoncello) des lettischen Komponisten Peteres Vasks, das so genannte "Dolcissimo". Mit zarter Bogenführung und Pizzicati entlockt sie ihrem Instrument sphärische Klänge und setzt dabei melodisch begleitend auch ihre Stimme ein. Ein ästhetisch glanzvoller Höhepunkt.

Standing OvationsStanding Ovations

Nach der Pause kann das Orchester seine Klasse mit dem nächsten großen Werk von Edward Elgar unter Beweis stellen. Hier klingen gleich zu Beginn Grundtöne des "Noblimente"-Themas aus seinen "Pomp and Circumstance Marches" an. Dabei hat Elgar in diese erste Sinfonie starke Gegensätze gesetzt. Das Orchester ist mit den schwierigen Abläufen bestens vertraut und kann von ruhigen Variationen blitzschnell in laute Unruhe oder bissige Märsche wechseln. Edward Gardner hält sein Ensemble mit energischer Bestimmtheit zusammen, die Musiker lassen sich punktgenau bis zum ekstatischen Schlussakkord von ihm leiten. Die Londoner Musiker werden mit Standing Ovations verabschiedet.

Fotos: (c) Hildegard Przybyla


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