Arbeit, Alltag, Rituale - Die Gemeinschaft Lübecker Künstler

Samstag, 17. Mai 2025, 10:00 - 17:00
Geschichtswerkstatt HerrenwykKokerstr. 1-3, 23569 Lübeck
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Ab Samstag, 15. März, ist im Industriemuseum Herrenwyk eine Ausstellung mit dem Titel „Arbeit, Alltag, Rituale“ zu sehen. Darin werden Kunstwerke von vierzehn Mitgliedern der Gemeinschaft Lübecker Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die sich intensiv mit Herrenwyk und seiner Industrie- und Arbeitergeschichte, mit den Menschen hinter den Arbeiter:innen und ihren Schicksalen auseinandergesetzt haben. Alle Kunstwerke wurden exklusiv für das Industriemuseum angefertigt. Die Schau kann bis zum 14. September 2025 besucht werden.

Zu sehen sind rund 40 Arbeiten von Eva Ammermann, Caterina Behrendt, Frauke Borchers, Barbara Engel, Christa Fischer, Uwe Greiß, Christine Rudolf, Thomas Schmitt-Schech, Renate Schürmeyer, Angela Siegmund, Mareile Stancke, Nicole Suse Steinitzer, Heinz Vogler und Rainer Wiedemann. Die Kunstwerke reichen von Installationen über Grafiken, Malerei und Zeichnungen bis hin zu Videoarbeiten und Fotografie. Anhand der Werke soll schlaglichthaft gezeigt werden, wie die schwere, körperliche Arbeit in Herrenwyk subjektiv wahrgenommen wurde und wie die Arbeiter:innen die Veränderungen ihrer Arbeitsbedingungen im Lauf der Zeit empfunden haben müssen. Dabei geht es nicht um einen historischen Abriss, sondern darum, mit künstlerischen Mitteln den Blick auf Zusammenhänge und wiederkehrende Muster zu lenken sowie Bezüge zur Gegenwart herzustellen, neue Blickwinkel zu eröffnen und Ungesehenes sichtbar zu machen.

So hat sich die Künstlerin Mareile Stancke beispielsweise mit dem Thema der Zwangsarbeit befasst, die die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs des Hochofenwerks nach dem Zweiten Weltkrieg bildete. Hunderte von Kriegsgefangenen aus Polen, Frankreich und anderen Ländern fanden unter den Internierungsbedingungen von Schwerstarbeit und Hunger in Herrenwyk den Tod. Mit einer Porträt-Serie aus Wachs gibt die Künstlerin den Männern und Frauen ein Gesicht. Das fragile Material verweist nicht nur auf die Verletzlichkeit der Menschen, sondern macht auch die Gewalt spürbar, mit der Staat und Industrie sie ihrer Freiheit, Würde und körperlichen Unversehrtheit beraubten.

Eva Ammermann, die das Ausstellungsprojekt federführend für die Gemeinschaft Lübecker Künstlerinnen und Künstler übernommen hat, thematisiert in ihrer Serie „Helm I-V“ die prekären Arbeitsbedingungen im Hochofenwerk. Sie möchte mithilfe eines Auges auf einem Helm die vielen Verletzungen an diesem Körperteil während des Betriebes des Hochofenwerks versinnbildlichen. Barbara Engel wiederum beschäftigt sich mit der Rolle der Milch für die Ernährung der Werktätigen, Anfang des 20. Jahrhunderts noch Grundnahrungsmittel und elementare Energiequelle. Die Künstlerin verwendet daher die Innenseiten von Milchkartons als Druckplatten für ihre Grafiken, die von harter Arbeit zutiefst gezeichnete Menschen darstellen. Caterina Behrendt nutzt einen Werkstoff aus dem Alltag der Hüttenarbeiter, um daraus menschliche Hände zu formen. Bei den dunklen Kügelchen handelt es sich um Eisenerz-Pellets, die bei der Herstellung von Roheisen verwendet werden. Damit lenkt Behrendt den Blick auf die manuelle Arbeit: Ohne den Einsatz von Händen, Muskeln und körperlichen Ressourcen wäre die industrielle Produktion von Eisen in Herrenwyk nicht möglich gewesen.

Der Künstler Thomas Schmitt-Schech fertigte aus den zahlreichen Werkzeugen, die sich im Industriemuseum aus dem Hochofenwerk und der Flender-Werft befinden, eine Installation, die den Wandel der Arbeitswelt im 20. Jahrhundert thematisiert. Schraubenschlüsseln mit intensiven Gebrauchsspuren setzt er cleane gelbe Computermäuse gegenüber - Sinnbilder einer Produktion, die immer weiter automatisiert wurde und symbolhaft dafür stehen, dass heute Maschinen Tätigkeiten übernommen haben, die früher von Menschen erledigt wurden.

Das Thema der Tretmühle greift Nicola Suse Reinitzer in ihrer Installation „aerumna“ – auf Deutsch „Mühsal“ – auf: Ein Wecker erinnert an die Dauerbelastung der Männer und Frauen durch wechselnde Schichten, an das Ticken der Werksuhr und einen Arbeitstakt, der auf den menschlichen Biorhythmus keine Rücksicht nimmt. In ihrem Video greift die Künstlerin das Motiv der schmutzigen Hände auf und verweist damit auf eine Arbeitswelt, die tief ins Privatleben der Beschäftigten eingreift. So wie Öl und Staub sich in die Haut einfressen, schreiben sich die Spuren der täglichen Plackerei in den Körper ein.

Und die Künstlerin Renate U. Schürmeyer nimmt das Thema der Gastarbeiter:innen in den Fokus, indem sie Deckel maschinell gefertigter Tierfutterschalen reinigt und beschneidet, mit Ornamenten bemalt und zu Vorhängen vernäht. Die Muster erinnern an Motive aus den Heimatländern südeuropäischer Frauen, die nicht nur in Herrenwyk, sondern seit den 1950er Jahren auch in der benachbarten Schlutuper Fischindustrie schlecht bezahlte Fließbandarbeiten verrichteten.

Dr. Bettina Braunmüller, Direktorin des Industriemuseums Herrenwyk, erklärt: „Das Besondere an dieser Sonderausstellung ist für mich, dass sich die Lübecker Künstlerinnen und Künstler exklusiv mit unserem Industriemuseum und seinen Themen auseinandergesetzt haben. Die Werke wurden eigens für unsere Ausstellung hergestellt und sind somit noch nirgends gezeigt worden.“ Dabei gelte der Dank nicht nur den beteiligten Künstler:innen, sondern auch der Possehl-Stiftung für die finanzielle Förderung sowie dem Verein für Lübecker Industrie- und Arbeiterkultur.

Vernissage
Die Ausstellung „Arbeit, Alltag, Rituale“ wird am Freitag, 14. März, um 17 Uhr im Industriemuseum Herrenwyk eröffnet. Nach einer Begrüßung durch die Museumsdirektorin Dr. Bettina Braunmüller erfolgen eine Einführung durch die Kunsthistorikerin Silke Lahmann-Lammert sowie ein Grußwort von Christine Rudolf vom Vorstand der Gemeinschaft Lübecker Künstlerinnen und Künstler. Die Teilnahme ist frei.

Begleitprogramm
Im Rahmen der Ausstellung sind Führungen durch wechselnde Mitglieder der Gemeinschaft Lübecker Künstlerinnen und Künstler geplant. Darüber hinaus sind mehrere kostenfreie Workshops im Programm, darunter „Zeichnen im Museum mit Frauke Borchers“ (22. März), „Fotoworkshop in der Arbeitersiedlung mit Christine Rudolf“ (5. Juli), „Landart mit Caterina Behrendt“ (12. Juli) und „Tiefdruck mit Milchtüten“ mit Barbara Engel (19. Juli). Zudem ist vom 12. Juli bis 9. August eine begleitende Ausstellung mit dem Titel „Arbeit, Alltag Rituale. Aspekte der Ausstellung im ARTLER Kunstkollektiv“ in der Galerie Artler zu sehen.

Foto: (c) Nicola Suse Reinitzer: aerumna

Der Eintritt ist frei

Für eine bodenständige Verköstigung, im Sinne eines Arbeitermuseums und passend zu der Sonderausstellung, ist gesorgt.



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