In ihrem dritten bei Suhrkamp eben erschienenen Roman KAZIMIRA entwirft Svenja Leiber ein starkes psychogeografisches Porträt der Landschaft um Palmnicken, heute Jantarnyj, nordwestlich von Kaliningrad.
Das Gelände will sich nicht schließen über dem größten Bernsteinabbaugebiet der Geschichte, einem wirtschaftlich und politisch ausgebeuteten, geschändeten Landstrich, versehrt und verwundet wie die Bevölkerung.
Das Land wellt sich und klafft über einem Missbrauch, der 1945 in dem Plan gipfelte, über 3000 Mädchen und Frauen aus den Außenlagern des KZ Stutthof in den Stollen der „Anna-Grube“ einzumauern.
Es wurde und wird aber gelebt, schlecht und auch recht vom Bernstein und in seinem Bann, und was das Geschichtsgedächtnis nicht hergibt zwischen Aufstieg, Blüte und Verfall des Bergwerks und der Region, erschließt der Roman Wende für Wende entlang der verschütteten Wege, die das Leben vor allem der Frauen bestimmen.
Oder die sie verlassen wie die unbeirrbare Kazimira. Es wird gearbeitet, geliebt, gelitten, gebacken und angerichtet, viel angerichtet; es wird ausgewandert, ausgegrenzt, denunziert, gebrandschatzt, gemordet, gestorben und immer wieder geboren. Am Rand der „Annagrube“ türmt sich wie nebenbei der Aushub von anderthalb Jahrhunderten.
Dass sich darunter bei allem Elend ein Leuchten verbirgt, fördert Svenja Leibers forschende und funkelnde Erzählkunst eindrücklich zutage.
Kritiken:
Ulrich Greiner, DIE ZEIT 19. Aug. 2021
Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung 8. Sept. 21 Svenja Leibers Roman «Kazimira» erinnert an ein Verbrechen der SS (nzz.ch)
Eine Veranstaltung der Buchhandlung makulatur.
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