Jazz Baltica Die 25. !
Zuhause in Timmendorfer Strand / Niendorf

Jazz Baltica Die 25. ! Zuhause in Timmendorfer Strand / Niendorf. Dieser Schriftzug prangt vor jedem Konzert über der Festivalbühne, und das zu recht. Nils Landgren, seit vier Jahren Künstlerischer Leiter des Festivals, hat mit der Werfthalle in Niendorf den genialen Ort für ein so gewaltiges Festival gefunden. Die Rekordzahl von rund 13.000 Besuchern an nur drei Festspieltagen spricht für sich: die JazzBaltica ist an ihrem Höhepunkt angekommen.

Zur Einstimmung auf das Fest gibt die Bigband des Ostsee-Gymnasiums Timmendorfer Strand traditionell gemeinsam mit Nils Landgren ein Warm Up auf dem Timmendorfer Platz mitten im Ortszentrum. Auch wenn die Temperaturen in diesem Jahr mehr ´hot´ als ´warm´ waren, standen Einheimische und Gäste dicht an dicht und ließen sich von fetzigen Klängen überraschen. Der Leiter der Bigband, Axel Ster, fand mit Nils Landgren sowie drei jungen Sängern aus einer schwedischen Partnerschule erstklassige Unterstützung.

Unmittelbar vor dem Eröffnungskonzert ließ Nils Landgren durch den gesamten Niendorfer Hafen eine Blaskapelle marschieren. In diesem Jahr waren es die Mitglieder seiner heimatlichen ´Bohuslan Bigband´, die das Publikum mit einer Jazzparade schließlich zum ersten Konzert in die große Werfthalle hineinführten.

Das JazzBaltica Ensemble eröffnete das Festival. Dieses seit ebenfalls 25 Jahren bestehende Ensemble wird jährlich mit anderen und neuen, meist jungen Musikern zusammengesetzt. In diesem Jahr trat die Bassistin Eva Kruse, die bis zu ihrem ersten Kind zum Michael Wollny Trio gehörte, als Leiterin auf. Zu diesem aktuellen Ensemble gehörte auch die junge Hamburger Baritonsaxophonistin Tini Thomsen, die im Laufe des Konzerts den mit 3.000 € dotierten Jazz Award der Investitionsbank Schleswig-Holstein verliehen erhielt. Jedes Mitglied trug eine eigene experimentierfreudige Komposition bei. Besonders eindrucksvoll kamen unter anderem ein Ziegenhorn sowie ein phantasiereich aufgebautes Instrumentenarsenal der Schlagzeugerin zum Einsatz.

Ein Jubiläum ist immer ein großes Familienfest, so auch dieses Festival. Dazu hatte Nils Landgren vor allem alte Freunde und Weggefährten eingeladen wie zum Beispiel den Großmeister des italienischen Jazz Enrico Rava, den Drummer Günter Baby Sommer, die Jazzpianisten Michael Wollny und Marcin Wasilewski sowie Axel Schlosser und Wolfgang Haffner und nicht zu vergessen, den großen Star der Dance-Night vom Freitagabend, Maceo Parker. Der große Meister des Funk scherzte und groovte bei fast unerträglicher Hitze mit mehr als 2.000 Gästen. Es genügten nur wenige Tonansätze und das Publikum geriet völlig aus dem Häuschen.

Mit einer großen experimentellen Überraschung kam die NDR Bigband. Ihr Pianist und gleichzeitiger Komponist Vladyslav Sendecki hatte zu dem Film Stadt-Theatre of Imagination eine aufwühlende Komposition geschrieben, die einerseits elektronische Elemente und andererseits Soundsphären für eine Bigband vorsah. Dieses Werk brachte die NDR Bigband unter Leitung von Vladyslav Sendicki als Pianisten und Wolf Kerschek als Dirigenten in der Werfthalle mit dem Abspielen des Films zur Uraufführung. Der etwa 75-minutige Film zeigte Fragmente des Lebens in Hamburg mit Hafen, Hochbahn, Flughafen, Trabrennbahn, Menschen einschließlich Tod, immer aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel mit ausgedehnten Verzerrungen. Auch Olaf Scholz als Erster Bürgermeister Hamburgs kam darin vor, vielleicht hatte er das Jazzfestival deswegen an zwei Tagen mit seiner Frau, der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin Britta Ernst, besucht. Die so an sich noch unbekannten Soundsphären konnten bei den geneigten Zuhörern im Zusammenspiel mit den schnell wechselnden Bildern einen Sog entwickeln, der Gedanken und Gefühle vereinnahmte und dabei Raum und Zeit vergessen ließ. Für die Musiker war das Zusammenspiel eine große Herausforderung, die sie diszipliniert gemeistert haben. Alles in allem ein sensationelles Kunstwerk!

Ein besonderes Augenmerk schenkte das Festival den Jazzdamen. Inspiriert von der ständig wachsenden Zahl ausgezeichneter Instrumentalistinnen rief Nils Landgren zur Ladies Time bei JazzBaltica auf. Eva Kruse und Tini Thomsen waren schon genannt, zum Ensemble gehörte auch die schwedische Posaunistin Karin Hammar. Ein eigenes Konzert gab die singende Kontrabassistin Kristin Korb. Sie sang, spielte und erzählte Geschichten aus ihrem Leben, immer ganz charmant, stilistisch eine Wohltat für die Anhänger des klassischen Jazz. Und, last but not least, trat mit China Moses eine stimmgewaltige Sängerin aus den USA auf. Sie präsentierte ihr Crazy Blues Project, eine Hommage an die großen Künstlerinnen der Soul- und Bluesgeschichte.

Mit 12 Konzerten, 8 Open-Air-Acts im gesamten Hafengebiet, 2 Kinderprogrammen, etlichen Talks in der sogenannten JazzCorner, kleinen Konzerten in einer nostalgisch eingerichteten Werkstatt sowie nächtlichen Solokonzerten am Strand sind insgesamt gut 13.000 Gäste mit allen Stilrichtungen des Jazz von der alten bis zur jüngsten Avantgarde begeistert worden. Die große Werfthalle bietet circa 900 Sitzplätze und sie war bei jedem Konzert ausverkauft. Das Jubiläumsfestival war in jeder Hinsicht ein voller Erfolg. Nils Landgren kann als Künstlerischer Leiter stolz darauf sein, dass die JazzBaltica gerade auch an diesem Standort im Niendorfer Hafen so unglaublich populär geworden ist.


Fotos: Hildegard Przybyla

Freitag


Samstag


Sonntag


Fotos: (c) Olaf Malzahn


Fotos: (c) Joachym Ettel

 


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