
In Lübeck findet vom 17. bis zum 19. Oktober die 25. Jahrestagung der Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH) statt. Rund 200 internationale Spezialistinnen und Spezialisten der Musiktheorie werden in Lübeck erwartet, um sich dem Thema „Unschärfen, Leerstellen, blinde Flecken“ zu widmen. Die Öffentlichkeit ist zu zwei spektakulären Konzerten eingeladen: zu einer „Buxtehude-Abendmusik“ mit der Uraufführung rekonstruierter Werke des berühmten Lübecker Komponisten am 17. Oktober in St. Jakobi sowie zu einer Aufführung von Romitellis psychedelischem Meisterwerk „An Index of Metals“ am Samstag, 18. Oktober im Großen Saal der MHL.
Ein besonderer Programmpunkt im Rahmen der Tagung ist eine Abendmusik mit Kantaten, Triosonaten und Orgelwerken von Dieterich Buxtehude am Freitag, 17. Oktober um 19.30 Uhr in St. Jakobi. Das Konzert ist eine Hommage an die berühmten Abendmusiken des Lübecker Meisters. Es erklingen Uraufführungen von Werken Buxtehudes, die nur fragmentarisch überliefert sind und im Rahmen eines künstlerischen Wettbewerbs, den die Gesellschaft für Musiktheorie jährlich auslobt, rekonstruiert wurden. Die drei Preisträger wurden von einer Fachjury unter Leitung des Buxtehude-Spezialisten Ton Koopman aus 22 internationalen Einsendungen ausgewählt. Nach mehr als dreihundert Jahren sind diese Werke nun endlich wieder zu hören: Sie werden von einem Kammermusikensemble der MHL mit Pauline Kringel (Sopran), Juliane Sandberger (Alt), Elisabeth Weber und Anna Melkonyan (Violinen), Maja Rohde (Violetta), Charlotte Schwenke (Gambe), Sophie Lücke (Violone), Ilia Kulikov (Cembalo) und Arvid Gast (Orgel) präsentiert. Projektleiter Oliver Korte, Professor für Musiktheorie an der MHL, erläutert: „Die Tatsache, dass fragmentarische Werke zum Schweigen verurteilt sind, ist schmerzlich. Umso schöner, wenn solche Werke nach mehr als dreihundert Jahren wieder zum Leben erweckt werden. Von den Rekonstruierenden braucht es dazu tiefes stilistisches Verständnis, herausragende satztechnische Expertise und eine Menge Inspiration.“ Korte erklärt, was fragmentarische Überlieferung alles bedeuten kann: „Von einer Sonate ist beispielsweise nur die Bass-Stimme erhalten, die aber sehr starke Aufschlüsse darüber gibt, wie die Oberstimmen gestaltet waren. Von einem anderen Stück sind nur Fragmente in einer wissenschaftlichen Publikation überliefert, während das Original im zweiten Weltkrieg verschollen ist. Von wieder einem anderen Werk existieren nur zweieinhalb Takte sowie der Text. Hier muss nahezu alles ergänzt werden – freilich immer im Stil Buxtehudes.“
Das MHL-Ensemble für Alte Musik mit Kantaten, Sonaten und Orgelwerken von Buxtehude sowie Rekonstruktionen seiner Werke aus dem künstlerischen Wettbewerb der Gesellschaft für Musiktheorie.
Foto: (c) Maximilian Busch