
In einem Atelierkomplex der Leipziger Kunstszene, tief in ehemals industriellen Katakomben, befindet sich das Probe-Atelier der Musikformation "Mehr Als Wir". Zwischen charmantem Krempel, in die Jahre gekommener Tontechnik, allerlei Kunst und Instrumenten gestaltet und schleift die Band ihre Ideen zu bühnenreifen Stücken.
Matthias Ehrig (Gitarre, Stompbox) bietet hier im Scherz Kaffee an, den es nicht gibt, während Andreas Uhlmann (Posaune, Flügelhorn, Glockenspiel, Beatbox, Synthesizer) - etwas ernster - mit seiner Hand schnell noch Staub von der Couch klopft.
Mit "Dunkelkammer" veröffentlicht die Gruppe ihr zweites Album. Es entstand zwischen 2020 und 2022. Welcher Musiker denkt bei diesem Entstehungszeitraum nicht auch an Dunkelheit?
Die titelgebende Dunkelkammer steht aber nicht allein für Dunkelheit und Enge. Die Abwesenheit von Licht ist in diesem Kontext sogar erwünscht und Mittel zum Zweck. Damit auf Fotopapier langsam vergangene Momente erscheinen können und für die Ewigkeit erhalten bleiben. Eine hoffnungsvolle Wendung wie sie typisch für die Musik der Gruppe ist.
"Mehr Als Wir" ziehen ihre Alleinstellungsmerkmale und ihre Berechtigung aus einer stilistischen Durchmischung von Pop, Jazz, EDM und akustischer Weltmusik. Mit Matthias Ehrig und Andreas Uhlmann ist die Besetzung abschließend aufgezählt. Über Loop-Techniken und ausgefuchste Arrangements erzeugen die Musiker den namensgebenden vollen Bandsound. Insbesondere auf der Bühne, wo man die erzeugte Bild-Ton-Schere direkt erlebt, funktioniert das Konzept hervorragend.
Wer jetzt aber an eine opulente, ausgewalzte und egozentrische Performance wie bei den Berliner Gigantomanen von "Seeed" denkt, ist auch schon wieder auf dem Holzweg. "Mehr Als Wir" bleiben trotz ihres großen Konzepts angenehm bodenständig, uneitel, ehrlich und nah bei sich, ihren Themen und ihren Hörern.
Foto: A. Matthes