Die Cap Arcona, ursprünglich ein Luxusdampfer, versank am 3. Mai 1945 nach heftigem, und seitens der SS vermutlich provozierten, britischen Beschuss in der Lübecker Bucht. Etwa 4.600 vom Hamburger Konzentrationslager Neuengamme deportierte Kriegsgefangene, politische Sträflinge und jüdische Häftlinge starben in der noch eiskalten Ostsee.
18 Jahre später wurde der Sänger, Autor und Regisseur Schorsch Kamerun in der Gemeinde Timmendorfer Strand geboren. Als er als Teenager eine Schulaufführung über die Katastrophe anregte, entgegnete ein gewollt rückwärts denkender Erwachsener: »Welche Cap Arcona?«.
Derartige Erlebnisse gestörter Erinnerungskultur, aber auch verwandte Denkmuster gegen alle »Andersartigkeit«, finden sich bis heute wieder in Stammtisch-Rhetorik und Neopopulismus, bis tief hinein in Familien, Gemeinden und Gesellschaft. Wer ist für wen ein Freak, was ist »fremd«, wer schreibt Grenzen und wer Teilhabe vor? All dies fragten sich der junge Schorsch und viele andere, um fortan mit Kunst und Protest, Musik und Text nicht aufzuhören, sondern gerade dort krachig nachzuhaken, wo es ansonsten unangenehm leise zugehen soll. So reifte der Wunsch, aus Augenzeug:innenberichten von damals und heutigem experimentierfreudigen Erinnern, für das Theater Lübeck ein deutlich hörbares, musiktheatrales Spektakel zu entwickeln – dessen künstlerisches Herz die sehr persönlichen Erinnerungen eines gebürtigen Timmendorfers sind.
Foto: Sinje Hasheider