Christian Jankowsky - Heilige Geschäfte (Teil 1)

Sonntag, 05. November 2023, 11:00 - 17:00
Overbeck-GesellschaftKönigstr. 11, 23552 Lübeck
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Kirchen prägen das Bild der Stadt Lübeck. In fünf von ihnen lädt Christian Jankowski Geschäfte ein, temporär eine Filiale zu eröffnen und ihren „Dienst am Kunden“ im sakralen Raum zu erfüllen. Für zwei bis drei Wochen sollen diese Unternehmen Lebensmittel, Bekleidung, elektronische Medien, Möbel und Geselligkeit verkaufen, denn auch ein Club wird unter den Anbietern sein. Menschliche Grundbedürfnisse dienen dem Projekt als Orientierung. Wichtig ist dem Künstler, dass die kirchlichen Abläufe und Funktionen nicht gestört werden. Andererseits sollen aber auch die Geschäfte wirklich ihre Waren verkaufen können.

Das Kunstprojekt Heilige Geschäfte ist inspiriert durch die Nähe von Kirche, Markt, Kunst und Alltag in früheren Jahrhunderten. Die Immobilien des Glaubens konnten nur durch das Aufbringen beachtlichen Kapitals entstehen. Jankowski verweist mit seinem Projekt auf die traditionelle Verbindung der Bürger mit ihren Kirchen, die hier für ihr Prestige und in ihr Seelenheil investierten. Gotteshäuser waren früher selbstverständlicher Teil des Alltags, öffentliche Orte, wo man sich begegnete und auch Geschäfte machte. Heute stehen vielerorts die Kirchen nicht mehr so selbstverständlich im Zentrum des alltäglichen Lebens, das von einem Lebensstil geprägt wird, zu dem der Handel das Vokabular liefert. Vielleicht kann man die „heiligen Geschäfte“ auch so lesen, dass eine auseinanderdriftende Gesellschaft dazu eingeladen wird, wieder zusammen zu rücken.

Christian Jankowski kombiniert in seinen Projekten häufig Lebensformen, Berufsqualifikationen, Anschauungen: Schon eines seiner ersten Werke zeigt ihn als Jäger, der im Supermarkt mit Pfeil und Bogen Lebensmittel erlegt (Die Jagd, 1992). In Point of Sale (2002) geben eine New Yorker Galeristin und ein Elektronikhändler Auskunft über ihre Geschäftsmethoden, allerdings sind die ursprünglich gegebenen Antworten vor dem Filmdreh vertauscht worden, so dass die Galeristin jetzt wie eine Elektrohändlerin argumentiert und umgekehrt. In Yokohama ließ Jankowski öffentliche Denkmäler und Plastiken von kundigen Masseusen und Masseuren bearbeiten (2017), um das Chi der Werke zu verbessern. Hier werden soziale und kulturelle Gegebenheiten in ungewöhnlicher Weise miteinander in Verbindung gebracht, wodurch Rollen verfremdet werden und neue Perspektiven entstehen.

In der Overbeck-Gesellschaft findet der erste Teil des Projektes Heilige Geschäfte statt. Die Videoinstallation auf fünf synchronisierten Monitoren zeigt die Pastorinnen und Pastoren der fünf Kirchen, in den jeweiligen fünf Geschäften, die sie später in den sakralen Orten als Gastgeber beherbergen werden. Sie geben Einblicke in den Alltag, die Glaubenswelt und theologische Gedanken zu den Geschäften ab. Ihre „Reden“ laufen auf den Monitoren der Videoinstallation nacheinander ab. Während auf einem gesprochen wird, flanieren die anderen Pastorinnen und Pastoren wortlos weiter durch die Geschäfte.

Ab dem 22. Oktober beherbergen in dem zweiten Teil des Projektes die fünf Lübecker Partner-Kirchen St. Jakobi, St. Marien, St. Petri, die Evangelisch-Reformierte Kirche und die Johann-Hinrich-Wichern-Kirchengemeinde verschiedene Geschäfte und laden zu einem lebendigen Austausch ein.

Handel in Kirchen: reine Provokation? Während viele der verantwortlichen Pastorinnen und Pastoren das Vorhaben als Impuls zu einer neuen inhaltlichen Auseinandersetzung begrüßen, möchten andere ihre Gemeinde und den Glauben nicht mit dieser Kunst auf die Probe stellen. Denn Heilige Geschäfte verhandelt zentrale Fragen zeitgenössischer Religiosität: die Kritikfähigkeit von Glauben, die Verbundenheit kirchlichen Lebens mit der Alltagswelt, die Identitätskonstruktionen von Kirche und Kommerz. Jankowskis Kunst lädt Gläubige, Kund:innen und Kunstpublikum gemeinsam ein, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Sie sollen auch von den Geistlichen in ihren Predigten „bedacht“ werden.

Ausstellung vom 26. August bis 5. November 2023, Öffnungszeiten: Di-So 11-17 Uhr

3,- €, ermäßigt 2,- €


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