Es wird vielfach behauptet, dass die Natur in afrikanischen Kulturen weder objektifiziert noch ausgebeutet wird, im Gegensatz zu westlichen Einstellungen, Bräuchen und Praktiken. So heißt es zum Beispiel bei Chenjerai Hove: „Wir haben die Natur weder katalogisiert noch aufgespießt und dann in Formaldehyd aufbewahrt – wir sehen sie anders und sprechen anders mit ihr und über sie.“ Stimmt das? Welchen Status haben nichtmenschliche Tiere in der afrikanischen Ethik? Wie lassen sich diesbezüglich Totemismus, Tabu-Glauben und traditionelle kulturelle Bräuche auf dem afrikanischen Kontinent wie Opfer- und Schlachtrituale erklären? Bieten Begriffe und Werte wie ubuntu (Menschlichkeit) und ukama (Relationalität) die Basis für eine umfassende Umwelt- und Tierethik? Welche Instrumente stellt die afrikanische Ethik bereit, um dem Anthropozentrismus und der Arten-Apartheid entgegenzuwirken?
Prof. Dr. Kai Horsthemke ist Professor für Bildungsphilosophie an der University of the Witwatersrand, Südafrika, und an der KU Eichstätt-Ingolstadt, und Fellow am Oxford Centre for Animal Ethics, England. Forschungs- und Interessensschwerpunkte: Tier- und Umweltethik; afrikanische Philosophie; indigene Wissensysteme, Sozialepistemologie.