Rembrandt: Daniel und Kyros vor dem Götzenbild des Bel, (c) The J. Paul Getty Museum, Los Angeles

Westöstliche Begegnung in der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts
Rembrandts Orient

Das Museum Barberini in Potsdam öffnet nach der Corona-Pause mit der spektakulären Ausstellung „Rembrandts Orient“.

Über einhundert Exponate, darunter Meisterwerke von Rembrandt Harmenszoon van Rijn, illustrieren mit farbenprächtigen Bildern die Welt des Orients. Sie dokumentieren nicht nur den Einfluss fremder Kulturen, sondern zeigen auch deren Bedeutung auf die Lebensgewohnheiten und die Malerei der Niederlande.

Das niederländische Bürgertum, unabhängig durch die Befreiung von den spanischen Besatzern, mächtig, reich und wohlhabend durch den prosperierenden Welthandel, war fasziniert von allem Fremden. Vor allem von der exotischen Welt in den fernen Kolonien – von der Levante bis weit nach Asien. Nur Händler und Seefahrer, jedoch kaum ein Künstler, begab sich auf eine weite Reise in ferne Länder, um mit orientalischen Einflüssen in Berührung zu kommen. Wozu auch? Die quirlige Handelsmetropole Amsterdam verfügte über ein riesiges Warenkontingent: orientalische Kleidung, exotische Gewürze, Kunstkammerobjekte, Teppiche, Mobiliar und Artefakte. Dieser Orient-Tick beeinflusste alle sozialen und kulturellen Bereiche, vor allen Dingen die Malerei.

Dirck van Loonen: Assueer Jacob Schimmelpenninck van der Oije mit Diener und Hund, (c) Stichting Duivenvoorde, VoorschotenDirck van Loonen: Assueer Jacob Schimmelpenninck van der Oije mit Diener und Hund, (c) Stichting Duivenvoorde, VoorschotenDer damaligen Mode entsprechend ließen sich Angehörige der Eliten im orientalischen Outfit portraitieren, protzten mit Luxusgütern aus den neuen Kolonien - mit Brokat, Seide und kostbaren Schmuckstücken. Sie präsentierten in den Bildern ganz ungeniert ihren Reichtum, ihre angesammelten Schätze und Kostbarkeiten. Man zeigte sich als einzelne Person oder als Gruppe, umgeben von seinen „Statussymbolen“. Orientreisende ließen sich in Seidenrock und Pantoffeln malen, während Hunde, Papageien wie auch Sklaven zu Statisten degradiert wurden, Dirck van Loonen: Assueer Jacob Schimmelpenninck van der Oije (1631–1673) mit Diener und Hund.

Die Begeisterung der Niederländer für den Orient kannte keine Grenzen. Orientalisierte Motive schmückten Bibelszenen, Portraits, Stillleben. Ein neuer Stil dominierte die Kunstszene. Aus Begeisterung für den sogenannten „Orient“, seine fremdartige Staffage und morgenländische Atmosphäre versuchten Rembrandt - der Superstar der Niederlande - und seine Künstlerkollegen, immer neue Bildfindungen zu inszenieren: Historienbilder, Porträts und Stillleben verherrlichten das Fremde, unbekannte Tiere, die Architektur und Kunst. Die Schattenseiten der Globalisierung wie Handelskriege, Sklaverei, Ausbeutung und Gewalt wurden allerdings ausgespart.

Rembrandt: David übergibt Goliaths Haupt dem König Saul, (c) Kunstmuseum Basel, Vermächtnis Max GeldnerRembrandt: David übergibt Goliaths Haupt dem König Saul, (c) Kunstmuseum Basel, Vermächtnis Max Geldner
Im Kontrast zu den farbenfrohen Gewändern des Orients stand die zeitgenössische Kleidung der bibeltreuen Calvinisten: schwarze Umhänge und Roben mit gestärkten weißen Kragen. Vor einer Flusslandschaft hat der Maler Aelbert Gerritsz Cuyp (1620–1691) die Familie Sam für ein Gruppenbildnis positioniert. Einige Familienmitglieder tragen die Tracht der 1650er Jahre, andere einen Turban oder eine orientalisch anmutende Tunika.

War der Traum vom Orient ein Wunschbild, eine Klischeevorstellung oder eine Projektionsfläche für die geheimen Sehnsüchte und erotischen Phantasien der Niederländer? Eine Flucht aus den puritanisch-calvinistischen Regeln der Gesellschaft, seiner Religion und Kultur?

Rembrandt: Büste eines alten Mannes mit Turban, The Kremer CollectionRembrandt: Büste eines alten Mannes mit Turban, The Kremer CollectionZu den interessanten Bildtypen zählen Rembrandts sogenannte Orientalen-Tronies, bärtige Kopf- und Charakterstudien von Männern mit Turban und orientalischer Kostümierung wie das Bild eines Mannes in orientalischer Kleidung von 1635.

Eine weitere Quelle niederländischer Orientbegeisterung findet sich in zahlreichen Bibelszenen, welche die Maler mit orientalischen Motiven ausschmückten. Statt in der flachen Marschlandschaft inszenierten Rembrandt und seine Kollegen Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament in felsigen Landschaftskulissen. Turban tragende Männern und Frauen in Phantasiekostümen gaben den Darstellungen einen Hauch von Tausend und eine Nacht.

Diese empfehlenswerte Ausstellung ist bis zum 27. Juni 2021 zu besichtigen. Museum Barberini, Alter Markt Humboldtstraße 5-6, 14467 Potsdam. Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–19 Uhr, mit Terminvergabe 0331 236014-499 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weitere Infos unter www.museum-barberini.de

Ein Ausflug nach Potsdam lohnt sich!


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