Bei "Parasocial" (2018/20) des Hamburger Künstlers Christoph Faulhaber handelt es sich um eine interaktive Arbeit aus mehreren, im Durchmesser drei Meter großen, verschieden farbigen Gummibällen. Sie liegen parallel im Kirchenraum von St. Petri und Besucher müssen sich durch leichtes Bewegen der Objekte, ihren Weg zwischen den Bällen bah-nen. Eine Betrachtungsart der Installation lenkt den Blick auf den Charakter eines Spekta-kels und Infantilisierung bis Profanisierung, die niedlich oder lächerlich, bunt aussieht, aberbedrohlich wirkt - wie ein riesiges Bällebad bei Ikea.
Ganz aktuell in der Corona-Krise steht die Lesart unter dem Begriff des "social distancing" im Vordergrund. "Parasocial" verdeutlich interaktiv, was die Mitglieder einer Gesellschaft auseinander drängt, was dazwischen steht oder angewachsen ist, mit welcher Umsicht, Vorsicht, Angst und welchem Grad an Kontrolle wir diese neuen Räume (von Angst und Sicherheit) durchqueren. Unter parasozi-aler Interaktion wird ein besonderes soziales Verhalten verstanden, gekennzeichnet da-durch, dass ein Akteur mit Individuen oder Gruppen interagiert, deren Hörbereitschaft, Ant-wortfähigkeit oder gar Existenz völlig dahinstehen, jedoch organisatorisch fingiert werden -wie mit den überdimensionierten Bällen in der Ausstellung in der Petri-Kirche. "Das Phänomen ist sehr alt", schreibt der Medienwissenschaftler Lars Rummel. "Agnostisch genom-men fällt auch das Gebet darunter, beziehungsweise seit der Ur- und Frühgeschichte das innere Gespräch mit Verstorbenen. Wissenssoziologisch fällt es in den Bereich der gesellchaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit."