Als die charismatische Sängerin, Gitarristin und Komponistin Fatoumata Diawara die blau ausgeleuchtete Bühne in der Gollan-Werft betritt, brandet Jubel und Vorfreude bei den gut 1000 Besucher*innen auf. Ihre exotische Aufmachung aus exzentrischer Haarpracht mit Hörnchen, Zöpfen und Perlen treffen auf bunte Stoffe, viel Schmuck und ein elegantes schwarzes, geschnürtes Bustier.
Der Andrang ist beachtlich. Die Veranstalter der Musik- und Kongresshalle haben sogar den Mitteltresen im Foyer bestückt, was durchaus nicht bei jedem Konzert der Fall ist – sondern nur, wenn es auch lohnt.
Bei wunderbarstem Sommerwetter konnte Festivalleiter Hans-Wilhelm Hagen das Publikum in der neuen Location Juniper, der ehemaligen LN-Kantine in Buntekuh begrüßen. Erstmalig fand die Eröffnungsveranstaltung des Crossover-Festivals nicht im Atlantic-Hotel Travemünde statt, sondern auf der gegenüber liegenden Seite von Lübeck.
Wann hat man das zuletzt jemals gesehen? Völlig losgelöst tanzt eine ältere Dame in Hippie-Chic nach alten Genesis-Liedern, während andere beseelte, ältere Herrschaften verträumt mit geschlossenen Augen die lädierten Hüften schwingen oder weitere auf jugendlich getrimmte Rentner stimmgewaltig alle Texte akkurat mitsingen. Bei „Carpet Crawlers“ singt sogar der Security-Mann unterhalb der Bierwerbung neben der Bühne textsicher mit.
Besonders gestaltete, in sich beziehungsreiche Programme kennzeichnen diese Saison. Das setzte sich auch im neunten, dem Abschlusskonzert fort. Hier rahmten zwei musikalische Märchenerzählungen den Höhepunkt des Abends, Paul Hindemiths „Der Schwanendreher“, selbst ein Werk, das einen vielsinnigen, epischen Hintergrund besitzt und Vergangenes wachruft, Gutes wie Arges. Und noch eines verbindet alle Kompositionen. Sie sind äußerlich besondere Klangerlebnisse, schön zu hören, dennoch klingt bei allen ein ernster, eher melancholischer Hintergrund durch.
4 Stunden sind eine lange Zeit für eine dramatische Handlung. Bisweilen grenzwertig lang: Man denke nur an Wagners „Lohengrin“ oder den Zack-Snyder-Cut von DCs Justice League. Die diesjährige Revue an der Musikhochschule Lübeck jedoch beanspruchte jede einzelne Minute mit Recht.
In guter Tradition wird das Festival JazzBaltica im Zentrum von Timmendorfer Strand mit einem "Warm Up" von der Schüler-Bigband des örtlichen Gymnasiums eröffnet, in diesem Jahr professionell verstärkt durch die Studenten-Bigband aus Tokio "New Orange Swing Orchestra". In lässiger Manier bringt der legendäre Festivalleiter Nils Landgren mit seiner roten Posaune jeweils frischen Wind in die Stücke "Cantaloupe Island" und "Blue Bossa". Die zahlreich auf dem Timmendorfer Platz erschienenen Zuhörer sind begeistert.
In Zeiten von „Reichsbürgerprozessen“ und anderem, in denen viele Mitmenschen offensichtlich vergessen haben, wie die Welt bei uns vor 80 oder 90 Jahren ausgesehen hat, ist solch ein Programm, wie es die Lübecker Philharmoniker in ihrem achten Saisonkonzert boten, mehr als angemessen.
Eigentlich war das Band-Projekt von „The Smile“ nur als Fingerübung in Corona-Zeiten gedacht. Die beiden Radiohead-Kollegen Thom Yorke und Jonny Greenwood trafen sich im Studio, um ihre Langeweile zu bekämpfen, als ihre Haupt-Band zwangsläufig pausieren musste. Heraus kam eine erste Single: „You will never work in Television again“, eine Mischung aus komplexen Rhythmen und perfekten Harmonien.
Für das letzte Konzert dieser Saison (1. Juni 2024) hatte der NDR sich ein beziehungsreiches Programm ausgedacht, das in gleich drei Hansestädten im Sendegebiet erklang, in der „Elfi“, dem Spielort des Orchesters am Hamburger Elbufer, am Tag drauf am Trave-Ufer in der MuK und noch einen Tag später in Wismar, dort in der durch den Zweiten Weltkrieg arg geschundenen St. Georgen-Kirche. Sie ist eine der drei gotischen Sakralbauten Wismars. Wegen der politischen Verhältnisse wurde sie erst spät, erst nach der Wende wieder aufgebaut.