Krzysztof Urbański, Foto: NDR

Mitreißender Beginn der Konzertsaison durch die Elbphilharmoniker
1. NDR-Sinfoniekonzert mit Krzysztof Urbański und Jan Lisiecki

Zu Beginn dieser Saison hat Richard Strauss in Lübeck Konjunktur. Nach dem Theater Lübeck mit der Oper Ariadne auf Naxos folgte nur 14 Tage später (23. September 2016) der NDR mit seinem Elbphilharmonie Orchester, das gleich zwei Werke des Meisters großer Bühnenwerke und der sinfonischen Dichtungen im Programm hatte, zugleich zwei der beliebtesten. Sie allein schon hätten die Rotunde der MuK bis auf den letzten Platz füllen können.

Zudem versprach der junge Krzysztof Urbański als Erster Gastdirigent des Orchesters mitreißende Interpretationen und – um es gleich zu sagen – hielt es auch. Doch damit nicht genug. Der NDR hatte noch einen Jungstar unter den Pianisten eingeladen, Jan Lisiecki, erst 21 Jahre alt. Er hatte 2013 in Lübeck den Leonard Bernstein-Preis überreicht bekommen, der vom Schleswig-Holstein Musik Festival jährlich vergeben wird. An diesem Abend spielte er mit dem Orchester zusammen Robert Schumanns Klavier-Konzert in a-Moll, auch das ein romantisches Werk der großen Gefühle, nicht in farbiger Tonpracht, dafür voller Empfindung, ein Zeugnis der romantischen Liebe des Komponisten zu seiner Frau Clara. 

Intensiv hatte der Pianist sich mit dem Werk auseinandergesetzt. Energisch begann er die Einleitung, formte die sensible Melodik mit viel aparter Tongebung, fein ziselierend im zweiten Satz und im innigen Dialog mit den tiefen Streichern, leidenschaftlich virtuos im dritten, immer im hervorragenden Kontakt mit dem Orchester. Das aber trumpfte unter Urbańskis Führung großartig auf, setzte wunderbar leuchtende Farben vor allem der Holzbläser dem klaren Spiel des Pianisten entgegen. Als Lisiecki noch als Zugabe Schumanns Träumerei aus den Kinderszenen gestaltete, wollte der Beifall nicht enden. 

Jan Lisiecki 2013 in der MuK, Foto (c) Olaf MalzahnJan Lisiecki 2013 in der MuK, Foto (c) Olaf Malzahn

Die Werke von Strauss rahmten das Programm. Den Don Juan nach einem Gedicht von Nikolaus Lenau, sein erstes Werk dieser Gattung, vollendete Strauss 1889. Da war er gerade einmal 25 Jahre alt. Das zweite, die klangmalende Philosophie-Interpretation Also sprach Zarathustra nach Friedrich Nietzsche, schuf er nach weiteren Werken nur sieben Jahre später. Auch dies ist also kein Spätwerk, passt in die Alterswelt des jungen Dirigenten. Beide Kompositionen verraten zudem in der Musiksprache einen beredten, temperamentvollen und plastisch zeichnenden Gestalter, von Urbański einfühlsam in seine Dirigierbewegungen übersetzt. Staunenswert auch wieder, wie das Orchester die ablas und gleichwertig in Klang übersetzte. 

So erlebte der Hörer einen zupackenden Don Juan, kontrastiert mit empfindsamer Darstellung der „vielfach reizend schönen Weiblichkeiten“, wie es bei Lenau heißt. Und im Zarathustra war es nach einem fulminanten Sonnenaufgang der Wechsel der episodischen Welten, die die Musiker mit großer dynamischer Breite grandios beschworen. Genannt seien der Klarinettist Gaspare Buonomano und der Soloviolinist Stefan Wagner mit seinem Tanzlied, imponierend auch wieder Stephan Cürlis an den Pauken, der wie der Dirigent seinen Part auswendig gestaltete. 

Ein ungewöhnlich langer Beifall beendete das Konzert.

Arndt Voß
Aufgewachsen in Neumünster, in Lübeck seit 1959. Studium in Kiel und Hamburg (Musik- und Literaturwissenschaft). Ständige Mitarbeit an den Lübeckischen Blättern von 1974 bis 2014, Berichte und Kritiken darüber hinaus in einigen anderen Organen. Schwerpunktthemen: Musiktheater, Schauspiel, Konzerte.

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