Gregg Hurwitz
"Orphan X"

Auftragsmörder – Attentäter – Killer, genau darum geht es in dem gerade veröffentlichten neuen Thriller von Gregg Hurwitz mit dem Titel Orphan X. Die Hauptfigur Evan Smoak wurde zusammen mit anderen Kindern in einem Regierungsprojekt als Auftragsmörder ausgebildet. Über Jahre hinweg wurden die jungen Killer mit einem effektiven Ausbildungsprogramm zu einem effizienten und tödlichen Mörder geformt.

Nach Jahren des Mordens hat sich Evan von der Organisation und der Regierung losgesagt und ist im Dschungel von L.A. untergetaucht. Für seine Nachbarn in dem Wohnblock ist er ein unscheinbarer Bewohner. Still, zurückgezogen, unauffällig. Doch die perfekte Tarnung ist natürlich nur eine - fast schon kunstvoll gestaltete - Fassade. Er ist der Nowhere-Man – er hilft verzweifelten aus persönlichen Situationen. Anonym und eiskalt exekutiert er kriminelle Personen. Jeder seiner Schützlinge gibt dann nach Erledigung eines Auftrages seine Rufnummer an eine weitere unglückliche Person weiter.

Evan hat sich selbst Regeln aufgestellt, nach denen er lebt und handelt. Eine davon, die 10. lautet: „Lasse niemals eine unschuldige Person sterben“. Doch so einfach ist sein selbst auferlegter Codex nicht einzuhalten, denn die Grenzen bei dem nächsten Auftrag sind nicht klar zu ziehen.

Gregg Hurwitz erzählt an sich nicht viel Neues. Der Plot ist nicht unbekannt: Geläuterter „(Anti)Held“ zieht aus seiner Desillusionierung seine Konsequenzen und hilft als Rächer den Unschuldigen und Schwachen. Alles gut und schön und doch hat der amerikanische Autor mit seinem Protagonisten Evan Smoak eine klitzekleine Nische gefunden, die den Leser überzeugen wird.

Evan Smoaks Charakter ist sehr eindimensional konzipiert: Ein hervorragender Kämpfer, technisch überlegen, eine effiziente Tötungsmaschine. Menschlich gesehen ist Evan ein unausgereifter, einsamer Charakter und leider manchmal naiv wie ein Kind im Vorschulalter. Zwischenmenschliche Beziehungen kann und will er nicht eingehen, das ist seine verletzliche Achillesferse.

Orphan X ist ein intelligenter und hochspannender Actionroman. Die Handlung ist alles andere als ruhig – sie entwickelt sich beharrlich wie Wellen in einem Teich, in den ein Stein geworfen wurde. Die Schwingungen sind nicht aufzuhalten. Neben der Spannung muss man allerdings auch den Humor lobenswert erwähnen. Evans Talent, immer wieder mal ins sprichwörtliche Fettnäpfchen zu treten und sein beispielloser Enthusiasmus, jedem Helfen zu wollen, sind klasse erzählt.

Die Handlung ist vielfältig, die Nebenhandlungen erzählen in Flashbacks Evans Vergangenheit. Ich habe selten einen Thriller gelesen, in dem es dem Autor so fabelhaft gelungen ist, eine Handlung in seiner Komplexität packend zu beschreiben.

Gregg Hurwitz Feingefühl fürs Detail, egal ob nun in der Charakterzeichnung oder in der Beschreibung einzelnen Szenen, ist faszinierend und gibt dem Roman eine überdurchschnittlich tiefe Atmosphäre. Nicht immer authentisch – aber das ist James Bond auch nicht und Evan Smoak braucht einen Vergleich nicht zu scheuen.

Dass die Filmrechte inzwischen schon verkauft wurden, überrascht wohl niemanden. Das Buch ist für eine Verfilmung prädestiniert.

Orphan X ist hoffentlich nur der erste Band einer Reihe und wir sehen und lesen Evan Smoak in seiner Paraderolle wieder. Meisterhaftes Actionfeuerwerk – packende Handlung – einer der besten Thriller in der letzten Zeit. Absolute Leseempfehlung – ein Titel, den man einfach lesen muss!

Gregg Hurwitz: Orphan X, Harper Collins Verlag, 10. März 2016, 432 Seiten

Das Buch ist in den inhabergeführten Buchhandlungen 
BuchfinkArno AdlerLangenkampmaKULaTUR und Buchstabe erhältlich.


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