Vielfältig, freundlich und immens kreativ präsentierten sich wieder die teilnehmenden Künstler*innen, die am Wochenende ihre Ateliers und Galerien geöffnet hatten und sich bei der künstlerischen Arbeit über die Schulter schauen ließen, beziehungsweise ihre Kunst den geneigten Besucher*innen erklärten.
Meine erste Anlaufstelle war das kleine, aber feine „Museum“ von Martin Gosch, der seine Küche im Ganghaus in der Rosenstraße dazu genutzt hat, seine wunderbar filigranen kinetischen Maschinen vorzuführen. Erstaunlicherweise baut er dabei alle mechanischen Teile selbst. Mitunter arbeitet er über ein Jahr an einer Maschine, die sich dreht und windet und allerlei Bewegungen vollführt, wenn man an der Kurbel dreht - fantastisch, aber leider unverkäuflich.
Auch die angebotenen Kunst-Spaziergänge (Art Walk) mit Schlippe waren gerade im Rosengang unterwegs, als es für mich weiter ging in die Essigfabrik, wo die Fotografen-Meisterin Christine Rudolf ihren Besuchern ihre experimentelle Fotografie von Lichtern und Seifenblasen erklärte. Im Atelier NausikaArt in der Großen Burgstraße saß die Malerin und Schriftstellerin Beate Schäfer mit ihrem Mann gemütlich auf dem Sofa und erzählte mir, dass es demnächst eine Lesung ihres neuen Buches geben wird. Neben historischen und autobiografischen Büchern arbeitet sie auch an Malereien und Druckgrafiken.
Im Atelier Ina Fenske, deren Arbeitsplatz mit Druckerpresse auf einen herrlichen Garten schaut, wurden später wunderbare kleine Arbeiten präsentiert, die sie in einem Workshop mit 10jährigen Schülerinnen aus einer Schule in Kücknitz gefertigt hatte. Ganz tolle Kunst schon von den Kleinsten, die bereits in jungen Jahren hervorragendes Talent bewiesen.
Dann auf einen Kaffee mit Keks in die gemütliche Galerie mit Café von Gabi Bannow, wobei man natürlich auch ihre schönen Bilder beachten sollte.
In der Hundestraße wartete als nächstes die kleine aber feine Galerie von Monika Callies, die mit ihren schräg-poetischen, fantastischen Collagen und allerlei Malerei begeistert. In der Diele des Hauses hatte sich als Gast Imken Kramp eingefunden, um ihre neuen Frauen-Porträts zu zeigen.
Später am Sonntag gaben im Treppenhaus auch noch zwei wunderbare Musiker ein kleines Konzert. In der Fleischhauerstraße ließ sich der Wasser- und Landschafts-Maler Jens Peter Tschuschke bei der Arbeit über die Schulter schauen. Beeindruckend, wie er die Ostsee-Wellen aus der Phantasie zum Leben erweckt.
Gleich drei Künstler*innen zeigten in der Schlumacherstraße ihre Arbeiten aus Malerei und Illustration und wissenschaftlichen Druckgrafiken (Mona Claudin, Andrea Simona und Andreas Florian. Weiter hinten in der Hüxstraße waren im Atelier Turan Kriegerinnen in Wort, Bild und als Skulptur das Thema der aktuellen Schau. Grob mit der Kettensäge bearbeitet Peer Oliver Nau seine Holzskulpturen, die er dann noch bemalt und von Janine Turan mit Geschmeide verschönern lässt. Die Wort- und Foto-Künstlerin Turan hat dazu kämpferische Frauen ins Bild gesetzt und Texte dazu verfasst. Beängstigend wie die Street-Fighterin ihren Morgenstern zum Schlag ausholt.
Gleich ein paar Häuser weiter hat die Malerin Maria Gust ihr Atelier, wo sie zusammen mit dem Kollegen Jens Lange verschiedenste Malereien von figürlich bis abstrakt präsentieren. Noch vielfältiger ist die Kunst, die im VersuchsHaus in der Breiten Straße in der ehemaligen Apotheke gezeigt werden. Bedrohliche Metall-Skulpturen treffen dort auf Fotografie, Video und Installation. Man darf sich zur Erholung sogar auf ein Bett in der Ecke legen. Wer es braucht?
Vielleicht später Jana Nitsch, die hoch oben auf ihrem VW-Bus ihr Akkordon bediente und sang, während unten im PopUp-Auto-Atelier ihre fantastischen Ton-Skulpturen zu sehen sind. Ganz großes Kino für Augen und Ohren. Danke Jana.
Dann noch hoch in die Ausstellungsräume der GEDOK in der Holstenstraße, wo zur Zeit Sonja Koczula an ihren abstrakten, wie figürlichen Malereien arbeitet. Als studierte Literatin ist sie sowohl am Schwarz auf Weiß Kontrast interessiert, wie auch an der Weiterverarbeitung von gefundenen Schatten-Strukturen, sehr interessant und inspirierend.
Dann noch in die Kulturtankstelle vom DefactoArt am Holstentor, wo nicht nur die aktuelle Schau „Drei Farben Blau“ in der Halle läuft und im Artefactum Jutta Gottschalt ihre Installation „Ins Wasser fällt ein Stein…“ zeigt und weitere Künstler*innen ihre Atelier-Garagen geöffnet hatten, sondern sprichwörtlich das Wasser von Oben kam und den Hof und den Garten flutete.
Eigentlich soll das gesamte Kunstprojekt „Offene Ateliers 2024“ ja hier noch mit einem Fest beendet werden, aber momentan weint und donnert es reichlich vom Himmel und ich ergreife die Flucht, um noch einigermaßen trockenen Fusses wieder nach Hause zu kommen.
Trotzdem: es war mal wieder wunderbar, zu sehen, was die Lübecker Künstler und Künstlerinnen so zu bieten haben.
Fotos: Holger Kistenmacher