Feierliche Eröffnung des Konzertsaales der Musik- und Kongresshalle
Die MuK hat ihre Hörer wieder

Ein Provisorium ist beendet. Nach 19 Monaten, die wie eine Ewigkeit vorkamen, sind alle Mängel in Lübecks Musikhalle beseitigt.

Vor allem die Decke ist stabil, der Fußboden neu wie auch die Bezüge der Stühle und vieles mehr, was Optik und Sicherheit verbessert. Bei einem Festakt am Vormittag des 6. Mai 2017 war sie offiziell wieder für Augen und Ohren aller geöffnet und machte Staunen, wie Sinfonisches an der Trave klingen kann. Das bemühte Provisorium „Rotunde“, für das dennoch zu danken ist, weil großformatige Musik nicht einfach gestrichen wurde, kann jetzt getrost vergessen werden.  

Bürgermeister Bernd SaxeBürgermeister Bernd Saxe

Der Bürgermeister und der an dem Tag noch amtierende Ministerpräsident des Landes wagten beide den Vergleich mit dem Prestigeobjekt an der Elbe. Bernd Saxe bat, nicht weiterzusagen, dass Experten behaupten, „die Akustik sei hier besser als in Hamburg“, und Torsten Albig meinte, dass diese Halle eine der besten Spielplätze sei. Er nannte die Möglichkeit, jetzt auch in Lübeck jedes Instrument hören zu können, „großartig“. Ist das steigerungsfähig?  

Beide vergaßen nicht, auf die hohen Kosten zu verweisen, die Stadt und Land tragen und noch aufbringen müssen, um weiterhin zu sanieren. Mit 7 Millionen Euro hatte man den ersten Teil geschafft. Dass die Possehl-Stiftung davon allein eine Million beisteuerte, ist mehr als nur bemerkenswert. Ebenso gehören auch die „Stuhl-Paten“ erwähnt, die mit ihrem Beitrag halfen, die Sitze neu zu beziehen. Beide Redner sprachen deshalb den besonderen Bürgersinn Lübecks an, der in vielerlei Form mit Spenden und Hilfe dazu führte, dass Lübeck, auch Schleswig-Holstein seine große Halle wieder nutzen kann. „Wir brauchen solche Säle im Land!“, ist ein deutliches Bekenntnis des Ministerpräsidenten. Vergessen sollte man nicht, dass der Saalbau auch erst aus der Kraft solchen Bürgersinns heraus entstanden war.

Gespannte Erwartung im Publikum.Gespannte Erwartung im Publikum.

Doch darauf, wie sie nun neu oder anders klingt, musste das Auditorium noch ein wenig warten. Erst nach etlichen Minuten erschien GMD Ryusuke Numajiri, um vor seine längst eingestimmten Lübecker Philharmoniker zu treten. Spekuliert wurde, ob er noch in die Rotunde gelaufen war? Sein Taktstock gab dann endlich den Einsatz zu einer „Hommage an das wilde Studentenleben“. Diese knallige Überschrift hat der Beitrag im Programmheft erhalten, der den ersten Beitrag für das „Festkonzert zur Wiedereröffnung des Konzertsaales“ erläuterte. Man hatte zwar einfach das anstehende siebte Sinfoniekonzert dazu erklärt, ihm dann doch noch die „Akademische Festouvertüre“ von Johannes Brahms vorangestellt.

Das ist ein Werk, mit dessen Titel Brahms selbst unzufrieden war, für das er zeitlebens einen neuen suchte. Aber es ist ein achtbares Werk, 1880 als Opus 80 komponiert, Brahms‘ Dank für die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau. Aber mit dem aktuellen Anlass hat es wenig zu tun, auch wenn zum Schluss „Gaudeamus igitur!“ erklingt, jener studentische Schlager, der dazu auffordert, sich zu freuen. Was Brahms sich vorstellte, geht aus einem Brief hervor, den er 1893 schrieb. Er könne sich Illustrationen vorstellen, „die fröhliche, hauptsächlich aber ernste Szenen aus dem Studentenleben darstellen. Nächtliche Ritte und Kämpfe der Freikorps, Wartburgfeier – dann Fuchsritt usw.“ Nachzulesen ist das im Brahms Handbuch, Seite 532.  

Arabella SteinbacherArabella Steinbacher

Auch der zweite Beitrag war dem Umstand geschuldet, dass man kein eigenes Festprogramm bieten wollte (oder konnte?). Der Ernst, die Ausdruckstiefe von Alban Bergs Violinkonzert, das er „Dem Andenken eines Engels“ widmete, der Umstand, dass es der persönliche Abgesang des Komponisten wurde, der im gleichen Jahr starb, kontrastierte nicht nur mächtig mit dem Auftakt. Wer nur gekommen war, die MuK neu zu erfahren, musste mit diesem vor 80 Jahren entstandenen Werk (vorhersehbare) Hör- oder Verständnisschwierigkeiten haben. Davon berichteten einige. Es war leider auch dem etwas mageren Beifall zu entnehmen, den die, benutzt sei das Wort noch einmal, „großartige“ Solistin Arabella Steinbacher bekam.  

GMD Ryusuke NumajiriGMD Ryusuke Numajiri

Das D-Dur des Abschlusses in Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 1 schließlich kam an. Die in ihrem volksliedhaften Zuschnitt faszinierenden, aber in der Interpretation oft nicht ausgedeuteten Themen, die Stimmungskontraste, die GMD Numajiri dafür groß herausstellte, die Klangkontraste, die die Akustik des Saales in ihrer Vielseitigkeit, in ihrer Wärme und ihrem Anspruch verdeutlichten, brachten endlich den jubelnden Beifall, der dem Festtag angemessen war.

Fotos: (c) Olaf Malzahn

Arndt Voß
Aufgewachsen in Neumünster, in Lübeck seit 1959. Studium in Kiel und Hamburg (Musik- und Literaturwissenschaft). Ständige Mitarbeit an den Lübeckischen Blättern von 1974 bis 2014, Berichte und Kritiken darüber hinaus in einigen anderen Organen. Schwerpunktthemen: Musiktheater, Schauspiel, Konzerte.

Kommentare  

# MUKDr. Andreas Klinkmüller (12.05.2017, 20:37)
Was für eine Freude, dass dieser wunderbare Saal endlich wieder musikalisch bespielt wird. Leider konnte ich persönlich nicht dabei sein.

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