Historische Hafenanlagen und deren Revitalisierung

Dienstag, 07. Februar 2017, 19:30
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Der Wassertransport industriell erzeugter Güter spielte seit dem Beginn der Industriellen Revolution eine dominante Rolle. Vor dem Zeitalter des eisernen Schienenweges stellten Wasserwege den kostengünstigsten Transportweg von Massengütern dar. Bereits im 18. Jahrhundert kam es in Großbritannien zu der sogenannten „Canal Mania“ , einer geradezu hektischen Anlage künstlicher Wasserwege samt zugehöriger Häfen in einer Nation, wo kein Produktionszentrum mehr als 100 Kilometer vom Meer entfernt lag. Ein weitverzweigtes Kanalnetz ergänzte die natürlichen Wasserläufe. Auch auf dem Kontinent entwickelten sich komplexe Kanalsysteme: in allen Teilen Deutschlands zum Beispiel entstanden vom Rhein-Main-Donau-Kanal bis zum Elbe-Oder-Kanal wichtige Verkehrswege der sich industrialisierenden Nation. Belgiens Canal du Centre oder in Frankreich der Canal de Neufosse sind Belege, wie englisches technisches know-how des Schiffstransports auf den Kontinent übertragen wurde. Hafenentwicklungen aus dem vorindustriellen ins Industriezeitalter hinein waren ebenfalls von großer Bedeutung im sich entwickelnden nationalen und internationalen Warenaustausch. 

Mit der Verlagerung des Güterverkehrs auf Schiene und Straße kam es Schritt für Schritt zu einer schwindenden Bedeutung des wassergebundenen Verkehrs. Nach dem Zweiten Weltkrieg verloren traditionelle Hafenareale an Bedeutung. Ihre oft ausgedehnten Flächen in meist nahe der Stadtzentren gelegenen Zonen führten zu Überlegungen, wie diese Gebiete aktuell höherwertigen und mehr renditeträchtigen Nutzungen zuzuführen wären. Verschiebungen internationaler Warenströme taten ein übriges. Veränderungen in der Transporttechnologie – Stichwort Containerverkehr – waren ein zusätzliches Element der Außergebrauchnahme bislang intensiv genutzter Hafenflächen. Liverpool, Hamburg, Antwerpen oder Genua, aber auch Barcelona, Buenos Aires oder New York sind hier prominente Beispiele.

Seit den 1970er Jahren setzt nun eine bewußte Inwertsetzungs-Strategie ehemaliger Wassertransportareale ein. Die Attraktion historischer Hafengebiete wird gezielt in Stadtentwickungsplanungen einbezogen. Mit unterschiedlichem Respekt vor den vorgefundenen Strukturen bilden Hafenareale nun attraktive Zonen für Wohnen und Arbeiten am Wasser. Dies gilt gleichermaßen für See- wie Binnenhäfen. Landauf, landab werden von der ursprünglichen Verwendung freigesetzte Stadtteile, die in der Regel zentrumsnah sind, neuen zeitgemäßen Nutzungen zugeführt, wobei die ursprünglichen Gestaltqualitäten und individuellen Anmutungen durchaus als Vermarktungsstrategien genutzt werden. Mittlerweile liegen zahlreiche überzeugende Beispiele vor, wie man die Erhaltung spezifischer Milieuqualitäten mit zeitgenössischen Perspektiven verbinden kann.

Der Vortrag zeigt hierzu zahlreiche Beispiel gelungener Integration, kritisiert auch weniger positive Lösungen (wie z.B. Londons St. Katherine’s Dock) und weist Strategien nach, mit denen historische und aktuelle Aspekte unter einen Nenner zu bringen sind, um eine zukunftsoffene Einbeziehung historischer Hafenareale in eine fruchtbare Stadtentwicklung zu ermöglichen.

Axel Föhl, 1947 in Coburg geboren. Aufgewachsen in Düsseldorf, dem „Schreibtisch des Ruhrgebietes“. Nach humanistischer Gymnasialausbildung Studium der Anglistik, Geschichte, Technik- und Kunstgeschichte in Saarbrücken, München, Düsseldorf und Bochum. Von 1974 bis 2012 im Rheinischen Amt für Denkmalpflege Bonn/Brauweiler als wissenschaftlicher Referent zuständig für Industriedenkmale. Dienstältester Industriedenkmalpfleger der Bundesrepublik. 1992 bis 2009 Sprecher der Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland. Lehrauftrag für Geschichte des Industriebaus und Industriedenkmalpflege,von 1992 bis 2005 an der Technischen Universität Braunschweig,von 2005 bis 2010 an der University of Technology Delft/Niederlande, seit 2009 an der Donau Universität Krems/Österreich. Seit 1998 Member of the Editorial Board of „Industrial Archaeology Review“. Seit 2013 Member of the Scientific Committee of “Cuaderno de Notas. Publication on Issues of Theory and History of Architecture”, Universidad Politécnica de Madrid. Seit 2010 Unesco consultant for the world heritage sites

Veranstaltung des Ortskuratoriums Lübeck der Deutschen Stiftung Denkmalschutz



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