Romeo und Julia (I Capuleti e i Montecchi) von Vincenzo Bellini am Theater Lübeck beglückt Opernfreunde

Fällt der Name Bellini, drängt sich gleich seine bekannteste Oper Norma auf. Wer den Namen hört, denkt an Maria Callas. Aber dieser Sängerin muss man nicht in Wehmut gedenken, ist man Besucher der Lübecker Romeo und Julia-Vorstellung. Denn mit dieser Aufführung katapultiert die Stadt sich erneut an die Spitze der Opernhäuser.

Romeo und Julia bietet nicht den vielzitierten Opernwirrwarr an Intrigen, lebt nicht so dominierend nach der Shakespearschen Vorlage. Hier stehen das unglückliche Liebespaar Romeo und Julia im Fokus des Geschehens. Regisseur Michael Sturm verzichtet auf jede Profilsucht und inszeniert glaubwürdig. Stefan Rieckhoff besorgt Ausstattung und Kostüme. Sein karges Bühnenbild vermittelt nicht nur Verzweiflung und Ausweglosigkeit des Paares Julia und Romeo, es verdeutlicht die Hoffnungslosigkeit der beiden Liebenden. Ohne Zweifel sind die Protagonistinnen der Titelrolle das Sahnestück der Aufführung.

Wie gut, dass Bellini seinerzeit wegen Streitigkeiten mit dem Tenor die Partie des Romeo für einen Mezzo konzipierte. Somit hat Wioletta Hebrowska ihren großen Auftritt. Wunderbarer Ansatz der Stimme, nie ein forcierter Ton und perfekt auf dem Atem singend – ein Glücksfall! Als Giulietta bezaubert Evmorfia Metaxaki mit ihrem Können. Lichte Brillanz des Soprans verbindet sich bestens mit Hebrowskas Stimme. Beide Damen ohne Scheu in der Darstellung – das hat Format.

Dass die Liebenden aus verfeindeten Lagern stammen und Romeo den Bruder der Geliebten tötete, gerät mitunter aus dem Blickfeld, wenn auch der Griff zur Waffe zum allgemeinen Geschehen beiträgt. Capellio, Vater von Giulietta, verkörpert Andrey Valiguras. Er überzeugt mit männlicher Ausstrahlung und schöner Stetigkeit der Stimme. Als Tebaldo ist Daniel Jenz zu erleben. Ohne jede Verhaltenheit geht er auf stimmliche Attacke. Hyungseok Lee als Lorenzo, Vertrauter des Capellios, gewinnt Sympathie durch seinen Gesang und seine Rolle.

Der Chor wird von Jan-Michael Krüger erneut zu Bestform geführt. Andreas Wolf am Pult, nicht nur von Sängern und Orchester-Mitgliedern sehr anerkannt, auch das Publikum ist be- und verzaubert.

Fotos: Oliver Fantitsch

Helga Rottmann
Helga Rottmann
Immer wieder musste der Großvater dem Kind "Kennst Du das Land, wo die Zitronen blüh'n" aus "Mignon" vorsingen. Das zielte auf ein Gesangsstudium. Dennoch der Wechsel zur schreibenden Zunft. 15 Jahre Kultur-Redakteurin bei einem Lübecker Blatt. Schreibt seit 2012 für "unser Lübeck". Schwerpunktthemen: Oper, Operette, Musical, SHMF.

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