Einar Stray, Foto: (c) Sabine Vierus

Ein Abend unter Freunden in Hamburg
Einar Stray Orchestra Live

Während sich die Einheimischen und Zugereisten auf der Hamburger Reeperbahn die sündigen Lichter der Großstadt ansahen, gab es „um die Ecke“ ein intimes Stelldichein der anderen, besonderen Art zu sehen.

Gleich zwei musikalische Nordlichter präsentierten im "Nochtspeicher" ihre aktuellen Alben. Eingeleitet wurde dieses durch die 29-jährige Therese Aune, geboren in Oslo. Sie begleitet als „Vorgruppe“ Einar Stray während seiner Tournee. In Hamburg sei sie das erste Mal, dies sei auch ihre letzte Station, verkündete sie. Bemerkenswert ist ihre glasklare Stimme, mit der sie in den Oktaven spielend hin- und hertanzt. Mehr als zwei Keyboards und einen Drumcomputer benötigte sie zur Umsetzung ihrer an die 80er Jahre erinnernden Sounds nicht. Die dadurch übermittelte, leicht düster und kühl anmutende Stimmung erreichte nicht nur das Ohr, sondern erwärmte trotzdem das Herz der Zuhörer. Bilder von Nebel und Wäldern machten sich vor dem inneren Auge breit. Ein passender Einstieg für die musikalische Reise nach Norwegen.

Nach dem zügig umgesetzten Soundcheck betrat kurze Zeit später das Einar Stray Orchestra die Bühne. Musikalische Unterstützer: Bass, Keyboard, Schlagzeug sowie Cello und Geige. Es ist ein zugegeben kleines Orchester, das die Musik aber dennoch so intensiv transformiert, dass es nicht mehr bedarf. Die Künstler wirkten sehr entspannt bei der "Präsentation" ihres neuen, am 17.04. erschienenen Albums „Dear Bigotry“. Demnach bedurfte es auch keiner langen Einleitung. Die Bandmitglieder begaben sich umgehend auf ihre Plätze und starteten mit „Last Lie“, dem ersten Song aus dem neuen Werk, dem alle Songs im Laufe des Abends folgen sollten. Der Beginn des musikalischen Geschichtenerzählens war gesetzt.

Einar Stray und Steinar GlasEinar Stray und Steinar Glas

Die Gruppe hatte sichtlich Freude daran, „Dear Bigotry“ ihrem Publikum Live zu präsentieren. Nur selten stand Einar Stray von seinem Platz am Keyboard auf, um die Wucht der aufwogenden Musik gestikulierend zu untermauern. Dies war auch nicht nötig, denn seine Emotionen standen ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Mein Highlight des Abends war das melancholisch angehauchte „20.000 Nights“. Die Kombination der tiefen, sonoren Stimme Einar Strays und der filigranen gesanglichen Begleitung der weiblichen Mitglieder Åsa Ree und Ofelia Østrem Ossum fließt zunächst in die Gehörgänge und breitet sich dann mit einem warmen Gefühl aus.

Das Publikum wurde mit den ersten Tönen umgehend abgeholt. Ob stehend, an die Wand gelehnt oder sitzend auf der Couch – das generationsübergreifende Publikum nahm sichtlich die im Raum anwesende und sich ausbreitende Stimmung des Wohlgefühls in sich auf, mal mit geschlossenen Augen, mal den Blick schweifend in Richtung Nachbarn, um sich der Bestätigung dieses Gefühls sicher zu wissen. Es war wie unter Freunden, die sich hier auf einen genussvollen Abend bei Musik und Getränken zusammengefunden hatten. Eine schöne, entspannte und stimmige Atmosphäre, die sich in Worten kaum ausdrücken lässt.

Kleine Anekdoten über Sequenzen der Songs oder die Band unterbrachen kurzweilig die musikalische Darbietung. Nach 12 Songs bekam das begeisterte Publikum die geforderte Zugabe, zu der das Einar Stray Orchestra sich nicht lange bitten ließ. Der Abend wurde mit „Seen you sin“, sowie „Pocket full of holes“ aus 2014 und „Caressed“ aus 2011 abgerundet und beendet.

Die Hörer wurden sichtlich zufrieden nach der Reise durch den kühlen, aber emotional anmutenden Norden zurück in die belebte Großstadt entlassen. Vielleicht treffen sie sich demnächst einmal wieder. Ich kann schon jetzt die Vorfreude auf die nächste Norwegenreise spüren. Es hat sich gelohnt.


Fotos: (c) Sabine Vierus

Die Gesellschaft musikalisch beleuchtet: Einar Stray Orchestra „Dear Bigotry“

Sabine Vierus
Sabine Vierus
Gebürtige Lübeckerin (1971), seit 2016 die Landeshauptstadt Kiel als neue Heimat gewählt. Ausgeprägte Leidenschaft für Musik seit sie laufen kann. Das umfangreiche Musikwissen hat sie als Kauffrau über zwanzig Jahre im CD-Vertrieb an ihre Kunden weitergegeben. In der Freizeit oft mit der Kamera unterwegs; schreibt einen eigenen Blog. Schwerpunktthemen für "unser Lübeck": Musik- und Konzertrezensionen.

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