KUNST AM KAI
Blechakrobaten - Hanse-Brass begeistert im Hafenschuppen C

So ganz „verrückt“ ging es beim „Crazy-Brass“-Konzert des Musikfestivals „Kunst am Kai“ dann doch nicht zu. Es war einfach ganz hohe Kunst, die vom „Hanse-Brass“-Ensemble präsentiert und vom Publikum stürmisch gefeiert wurde.

Mit einem rasanten Gang durch beinahe 400 Jahre Musikgeschichte demonstrierten die acht Musiker überzeugend die enorme Bandbreite und Vielfalt der Möglichkeiten des heutigen Blechblasinstrumentariums. Die weitgehend eigenen intelligenten Arrangements (von Joachim Pfeiffer und Lukas Paulenz) ließen viele bekannte Stücke in ganz neuem Gewand erstrahlen und förderten damit auch spannende, ungewohnte Hörerlebnisse. Ein Auftakt nach Maß: Die Ankunft der Königin von Saba aus dem großangelegten Oratorium Solomon von Georg Friedrich Händel – festlich strahlend sowieso, aber vor allem auch federnd beschwingt, von der hohen Trompete bis zur Tuba. Mit seiner Semioper King Arthur, einer barocken Mischung aus Musik und Schauspiel, hat Henry Purcell dem sagenumwobenen König Arthur ein musikalisches Denkmal gesetzt. Durch "Hanse-Brass" wird Purcells Musik auf eine beeindruckende Weise abwechslungsreich, dramatisch und farbenreich zum Glänzen gebracht, wie man sie selten zu hören bekommt.

Es gibt sicherlich nicht viele Werke der Musikgeschichte, die so oft bearbeitet worden sind wie der Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung von Modest Mussorgski aus dem Jahre 1874. Die einzelnen Sätze beschreiben Gemälde und Zeichnungen seines Freundes Viktor Hartmann. Es ist der Reichtum der Klangfarben, der Musiker und Komponisten immer wieder inspiriert hat zu eigenen Arrangements, sei es für zwei Gitarren oder für Rockband. Die imposante Wiedergabe beim Konzert im Hafenschuppen mit drei Trompeten, zwei Posaunen, Horn, Tuba und Schlagwerk lässt alle auf ihre Kosten kommen, derart virtuos, vielseitig und temporeich – das Publikum war schlichtweg begeistert.

"Hanse-Brass" Ensemble"Hanse-Brass" Ensemble

Mit der Fanfare aus der Ballettmusik La Péri von Paul Dukas ging die musikalische Reise im zweiten Teil des Abends dann zunächst nach Paris, in die Seinemetropole mit ihren großen Theatern und den prunkvollen Opernhäusern aus der Belle Époque. Der allzu selbstkritische Komponist hatte seine Partitur eigentlich vernichten wollen, doch seine Freunde retteten das große Werk vor den Flammen. La Péri spielt im exotischen Milieu des alten Persien. Die Fanfare, die das Werk eröffnet, führt in diese ferne Welt ein. Musikalisch vermischt sich hier Impressionismus mit orientalischem Kolorit. Hoch romantisch ging es dann zu beim ersten Satz aus dem Blechbläsersextett es-Moll des deutschrussischen Trompeters und Komponisten Oskar Böhme. „West meets East“ könnte man mit Edward Tarr zu dieser Musik sagen.

Nach der volkstümlichen irischen Melodie A Londonderry Air, auch als inoffizielle irische Nationalhymne bekannt (Solo: Michael Steinkühler, Soloposaunist der NDR Radiophilharmonie Hannover), holte "Hanse-Brass" zu einem furiosen Finale aus: Fünf Sätze aus der West Side Story von Leonhard Bernstein fanden ihre Meister in den acht großartigen Musikern, bestechend im Zusammenspiel mit ausgeprägter Dynamik und viel Gefühl für musikalischen Ausdruck.

"Crazy Brass" im Hafenschuppen C – dazu gehörte auch eine ausgefeilte, wechselnde, verschiedenfarbige Illumination, die das Konzert auf besondere Art in Szene setzte und eine außergewöhnliche, stimmungsvolle Atmosphäre schaffte. Zum großen Erfolg des Abends trug auch die Moderatorin Andrea Gerhard (Hamburg) bei. Charmant, locker, unterhaltsam und doch informativ führte sie durch das Programm. Als sich das Ensemble nach der zweiten Zugabe verabschiedet hatte, war aus dem Publikum eine Stimme zu hören: „Ich hätte gerne noch länger zugehört.“ Dem schließt sich der Rezensent gerne an.


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