Antonia Hodgson - Das Teufelsloch

Die Autorin Antonia Hodgson hat mit ihrem Erstlingswerk Das Teufelsloch im Genre „Historischer Roman“ den Spalt zu einem neuen Schauplatz ein wenig geöffnet. Das Setting bildet eine kleine, in sich geschlossene Welt, keine Stadt mit einer bekannten Infrastruktur, kein Landkreis mit herkömmlicher Vegetation – nein, die Bühne der Handlung ist ein berüchtigtes englisches Schuldgefängnis in London im Jahre 1727: "The Marshalsea".

Ein Mensch im 21. Jahrhundert verbindet mit dem Begriff Gefängnis einen düsteren Ort, in dem verurteilte Verbrecher ihre langen Haftstrafen ableisten müssen. In unserer zivilisierten Welt allerdings sind selbst die Haftanstalten menschenwürdig und mit einem gewissen Komfort für die Insassen ausgestattet. Willkürliche Morde, Erpressungen und Verbrechen innerhalb dieser kleinen, in sich geschlossenen Welt, mag es heutzutage ebenfalls geben, allerdings sind die im Roman geschilderten Dimensionen der Gewalt vor knapp 300 Jahren wesentlich brutaler.

Die Autorin Antonia Hodgson lässt die Handlung von Das Teufelsloch in dem berühmt berüchtigten Gefängnis "The Marshalsea" spielen. Es ist immer schwer, für einen historischen Roman zu recherchieren. Die Quellen finden sich zumeist in Bibliotheken, Archiven und Museen. Dieser Quellen wird sich die Autorin höchstwahrscheinlich bedient haben, doch die wichtigste war wohl das Tagebuch von John Grano, der von 1728 bis 1729 im Marshalsea lebte. Die im Roman geschilderten Haftbedingungen entspringen demzufolge nicht einer grausamen Fantasie. Die Autorin vermutet, dass die Verhältnisse unter der Willkür des Direktors und der Wächter noch weitaus grausamer gewesen sein dürften.

Antonia Hodgson beschreibt das Leiden des jungen Pastorensohnes Tom Hawkins im Marshalsea sehr drastisch. Sein Schicksal ist für die damaligen Verhältnisse realistisch dargestellt. Das Marshalsea war ein Schuldgefängnis und Tom Hawkins' ausschweifender Lebensstil mitsamt Alkohol, Frauen und Glücksspiel führte ihn letztlich in die Mauern dieser Stätte. Die inhaftierten Schuldner sind der Willkür und der Geldgier des Direktors ausgesetzt. Für Unterkunft und Verpflegung muss gezahlt werden auf der „Masters Side“ – ansonsten sieht man sich als mittelloser Gentleman in den überfüllten Baracken der „Common Side“ wieder, was einem Todesurteil gleichkommt. Inmitten von zwielichtigen mitgefangenen und verbrecherischen Aufsehern bekommt Tom Hawkins den Auftrag, einen Mord in den Mauern des Marshalsea aufzuklären. Damit wäre er wieder ein freier Mann. Leichter gesagt als getan: Absolut unerfahren in der Ermittlungsarbeit und sowieso naiv, gerät er schnell in unmittelbare Lebensgefahr.

Die Handlung geht in dem sehr realistisch erzählten Grauen des Marshelsea unter. Willkürliche Auspeitschungen durch den Direktor, Erpressung, Mord, Krankheit und Hunger, ja selbst barbarische Folter – die Autorin Antonia Hodgson nimmt kein Blatt vor den Mund. Der Schauplatz der Handlung ist recht übersichtlich, die Anzahl der Haupt- und Nebencharaktere ist ebenfalls eingeschränkt. Das schränkt allerdings die spannende Handlung nicht ein, wenn diese sich auch, wie schon erwähnt, auf das Grauen konzentriert. Die Atmosphäre ist wie erwartet dunkel und fürchterlich beklemmend, und manchmal verliert sich die Autorin in ausufernden Dialogen. Für einen Debütroman ist Das Teufelsloch allerdings sehr stark, eine Fortsetzung erscheint am 2.11.2016 mit dem vielversprechenden Titel Der Galgenvogel.

Das Teufelsloch überzeugt durch eine anhaltend beklemmende Atmosphäre mit einem überzeugendenden Tom Hawkins und seinem Talent, immer wieder ins sprichwörtliche Fettnäpfchen zu treten. Antonia Hodgson beweist viel Talent und Geschick, spannende historische Fakten noch ein Stückchen spannender zu beschreiben. Perfekte Unterhaltung garantiert.

Antonia Hodgson: Das Teufelsloch, Knaur Verlag, 21. August 2016, 496 Seiten

Das Buch ist in den inhabergeführten Buchhandlungen 
BuchfinkArno AdlerLangenkampmaKULaTUR und Buchstabe erhältlich.


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