Deutschland trifft Dänemark
Begegnungen. Deutsche und Dänische Malerei 1860 bis 1960

Das Museum Behnhaus Drägerhaus zeigt in Kooperation mit dem Fuglsang Kunstmuseum in Toreby / Dänemark rund siebzig Werke deutscher und dänischer Künstler. Gemälde aus der Lübecker Sammlung stehen erstmals im Dialog mit Arbeiten dänischer Künstlerkollegen. Die Schau umspannt einen Zeitraum von 1860 bis 1960.

Einhundert Jahre, die nicht nur geprägt waren von Kriegen und politischer Instabilität, sondern auch vom Wandel in der Kunst: vom Aufbruch in die Moderne. Weg vom Pathos der Historienmalerei hin zur Avantgarde, zu Impressionismus, Expressionismus, Kubismus und Abstraktion. Welchen Einfluss hatte die künstlerische Moderne auf dänische und deutsche Maler? Gibt es Gemeinsamkeiten? Gibt es Unterschiede?

"Laurits Tuxen: Beim FrühstückLaurits Tuxen: Beim FrühstückIn unseren deutsch-dänischen Begegnungen führen wir zwei Sammlungen in Bildpaaren zusammen, um Parallelen, aber auch Unterschiede aufzuzeigen," erklärt Museumsleiter Dr. Alexander Bastek. Alle Bilder stammen aus den Sammlungen der beiden Museen, wobei das Spektrum von regional bedeutenden Malern bis zu international bekannten Künstlern reicht. Prominente Namen wie Max Liebermann, Lovis Corinth, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein sind vertreten sowie die Lübecker Maler Heinrich Eduard Linde-Walter, Maria Slavona, Albert Aereboe oder Alfred Mahlau und Hermann Linde. Sie korrespondieren mit ihren dänischen Kollegen, darunter Michael Ancher und seine Frau Anna Ancher, Peder Severin Krøyer oder Jais Nielsen und Olaf Rude.

Hans Olde: Im SonnenscheinHans Olde: Im SonnenscheinBereits der erste Raum führt anhand einiger Beispielbilder in die thematisch geordnete Ausstellung ein: Porträt, Landschaften, Stadt und Land, Kinderleben sowie Stillleben und Blumenbilder. Der Rundgang durch die Ausstellungsräume wird für den Besucher zu einer spannenden Zeitreise, veränderte doch der von Paris ausgehende Impressionismus Mitte des 19. Jahrhunderts die Kunst. Neben deutschen Malern folgten auch dänische Künstler der neuen Kunstströmung; sie befreiten sich von akademischen Zwängen und fanden ihre Bildmotive in der freien Natur oder in Alltagsszenen.

Imposant ist das Ganzkörperporträt von Agnes Rambusch, Ehefrau des dänischen Malers Harald Slott-Møller. Das schwarze Kleid mit dem weißen Spitzenkragen und Spitzenmanschetten erinnert an die traditionelle holländische und spanische Porträtmalerei des 17. Jahrhunderts. Begleitet wird ihr Porträt von Anselm Feuerbachs Römisches Blumenmädchen und Lovis Corinths Gemälde seiner Frau Charlotte Berend. Corinth, neben Max Liebermann und Max Slevogt einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Impressionismus, malt sie als Allegorie des Sommers mit entblößten Schultern und mit Rosen geschmücktem Hut. Dem Impressionismus verpflichtet sind auch die Bildnisse der Maler Michael Ancher: Anna Ancher im Garten und Frauen im Garten von Peder Severin Krøyer. Sowohl Anchers als auch Krøyers sommerliche Gartenszene mit seiner Frau und deren Mutter erinnern mit ihren Farb- und Lichtimpressionen an den deutschen Impressionisten Max Liebermann.

Frauenporträts von Anselm Feuerbach, Harald Slott-Møller und Lovis Corinth Frauenporträts von Anselm Feuerbach, Harald Slott-Møller und Lovis Corinth

Ein Höhepunkt der Ausstellung sind ohne Zweifel die Landschaftsmalereien. Wälder und Landschaften im satten Grün und in Sonnenlicht getaucht, wie bei Oluf Hartmann, Olaf Rude, Max Slevogt, Maria Slavona oder Karl Gatermann, stehen in Kontrast zu den verschneiten dänischen Landschaften mit ihrer kargen Strenge, ihrer Schwermut und Einsamkeit. Das Waldbild Wegkreuzung des deutschen Expressionisten Max Pechstein überrascht mit intensiven Grün-Violett-Kontrasten. Im Gegensatz dazu Waldinneres, Sorø des Dänen Harald Giersing, dessen Baumstämme und Baumkronen in unzähligen braunen und grünen Farbnuancen changieren.

Anna Ancher: Zur ErntezeitAnna Ancher: Zur Erntezeit

Wunderbar die Landschaft Zur Erntezeit von Anna Ancher mit ihren impressionistischen Einflüssen, dem Farbenspiel des wogenden Kornfeldes und dem wolkenbedeckten Himmel, dem Spiel von Licht und Schatten. Erwähnenswert auch Im Sonnenschein des deutschen Malers Hans Olde. Olde, der sich früh dem Impressionismus zuwandte, fängt in seinem atmosphärisch dichten Gemälde die Licht- und Farberlebnisse eines Sommertages ein, das flirrende Sonnenlicht, die Wolkenbildungen am Himmel. Im Licht der Sonne stehen die Mutter-Kind-Gruppe, die Sonnenblumen und die Felder. Eine männliche Person ist dagegen im Schatten verborgen.

Jais Nielsens: Abfahrt!Jais Nielsens: Abfahrt!Ein weiterer Höhepunkt ist die Gegenüberstellung von Ernst Ludwig Kirchners Großstadtbild Straßenbahn und Eisenbahn mit Jais Nielsens Bild Abfahrt!. Bei Kirchner, einem wichtigen Vertreter des deutschen Expressionismus, sind die Formen stark abstrahiert und in kräftigen Farben komponiert. Der Däne greift dagegen die Stilmittel des Kubismus und Futurismus auf, zersetzt die Perspektive von Lokomotive, Bahnhofs-Uhren und Menschen auf verschiedene Bildebenen. Gemeinsam ist beiden Künstlern ihre Vorliebe für das hektische Leben in der Großstadt sowie der moderne Großstadtverkehr mit seinem technologischen Fortschritt.

H.E. Linde-Walther: Kinder am FensterH.E. Linde-Walther: Kinder am FensterDer Rundgang durch die Ausstellung endet mit dem Thema "Kinderleben". Dem Besucher begegnet das berühmte Gemälde Kind im Spielzimmer von Heinrich Eduard Linde-Walther; Gotthardt Kuehls Lübecker Waisenhaus zeigt das Leben elternloser Kinder der Stadt. In Kontrast dazu das behütete dänische Kinderleben von Laurits Tuxen: Beim Frühstück. Friederikke und Nina Tuxen in der Villa Dagminne.

Das Fuglsang Kunstmuseum in Toreby und das Museum Behnhaus Drägerhaus arbeiten im neuen deutsch-dänischen Kulturprojekt Interreg-Nordmus zusammen, das grenzübergreifend den Kulturaustausch beider Länder fördern soll. So ist auch die Ausstellung Begegnungen. Deutsche und Dänische Malerei 1860 bis 1960 gemeinsam von Dr. Alexander Bastek und Dirk Keil vom Museum Lolland-Falster kuratiert worden. Eine Ausstellung, welche durch die Qualität der Gemälde überzeugt.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildeter Katalog, der alle Exponate und die beiden Museen zweisprachig (deutsch/dänisch) vorstellt. Er ist für 19,90 EUR im Museumsshop und für 29,95 EUR im Buchhandel erhältlich.

Die informative und überaus sehenswerte Ausstellung ist bis 30. Dezember 2016 im Museum Behnhaus Drägerhaus zu besichtigen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr. Montags geschlossen.

 


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