Erstes Pressegespräch zu den diesjährigen 58. Nordischen Filmtagen Lübeck

Viel war noch nicht zu erfahren. Noch sind nicht alle Filme gesichtet und damit auch die endgültigen noch gar nicht ausgewählt worden. Über den Eröffnungsfilm, Spielfilme, Specials, Dokumentationen, Kinder- und Jugendfilme, das Filmforum sowie Kurzfilme wurde also noch gar nichts gesagt. Ja, was blieb denn dann noch?

Unter der Gesprächsführung von Silke Lehmann, Pressesprecherin der NFL, fasste Kultursenatorin Kathrin Weiher, die seit ihrem Amtsantritt nun zum zweiten Mal die Filmtage erleben wird, ihre Eindrücke vom letzten Jahr zusammen, sprach unter anderem vom positiven Schwermut und einem ganz besonderen Humor, den sie in den Filmen erlebt hat, wies auf die sehr eigene, nämlich heiter gelassene und offene Stimmung in der Stadt hin, die während der Filmtage herrscht, und ließ auch nicht den wirtschaftlichen Faktor für Lübeck mit 4.000 zusätzlichen Hotelübernachtungen außer Acht.

Kultur-Senatorin Kathrin WeiherKultur-Senatorin Kathrin Weiher

Christian Modersbach (Managing Director) konnte zunächst einmal versichern, dass die Finanzierung der Filmtage mit einem Budget von ca. 700.000 Euro sichergestellt sei. Als neuer Sponsor konnte die Reederei Tallink Silja gewonnen werden, die gleich eine exklusive Reise für alle TeilnehmerInnen an der Abstimmung zum Publikumspreis der Lübecker Nachrichten in Aussicht gestellt hat.

Weitere Neuheiten: Zum ersten Mal werden skandinavische und baltische Fernsehserien in einer eigenen Programmreihe mit aufgenommen, zwangsläufig jeweils nur mit wenigen Folgen. Wer da Feuer fängt, muss selbst sehen, wie er oder sie an die Fortsetzungen gelangen kann – vielleicht auf einem Urlaub in nordischen Ländern. Einen kleinen Einblick gewährten einige amüsante Filmausschnitte (leider die einzigen an diesem Vormittag) aus Bedre skilt end aldrig, einer dänischen Serie.

Am Krähenteich wird ein sogenannter Fulldome aufgestellt, der eigentlich den passenderen Namen Halfglobe haben sollte, ein aufblasbares Halbrund, in dem 360°-Filme genossen werden können. Die NFL voll (oder doch nur halb?) im neuesten cineastischen Trend, auf jeden Fall auf „Rund-um-Blick“ bedacht, wie die Stadtwerke Lübeck, die den Fulldome finanziell aufpumpen, verlauten ließen.

Filmszene aus Bedre skilt end aldrigFilmszene aus Bedre skilt end aldrig

Eine einzige dänische Dokumentation aus der Masterclass für skandinavische Dokumentarfilmer wurde doch schon von Linde Fröhlich (Artistic Director) herausgestellt: Les Sauteurs – Those who Jump. Der Film stellt das bewegende Schicksal derer in den Mittelpunkt, die versuchen, über die spanische Enklave Melilla nach Europa zu gelangen. Hierfür müssen sie einen hohen Grenzzaun überqueren, bei dem oftmals nur ein gefährlicher Sprung als letzte Rettung erscheint. Der Film begleitet einen Flüchtling bei seinem Versuch, über Melilla in das für ihn gelobte Europa Eintritt zu finden. Die drei Regisseure Moritz Sieber, Estephan Wagner und Abou Bakar Sidibé werden in Lübeck anwesend sein.

Des Weiteren wurde auf eine Besonderheit hingewiesen: Die NFL feiern 10 Jahre Hörfilm und präsentieren dazu mit dem Verein Andersicht und dem NDR zwei Produktionen mit Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Menschen.

Linde Fröhlich (Artistic Director) Linde Fröhlich (Artistic Director)

Die Retrospektive, wie immer vorgestellt von Jörg Schöning und schon etwas ausführlicher beleuchtet als die andern Rubriken, knüpft ans vorige Jahr an und kehrt die Perspektive um. Während letztens Reisen nach Skandinavien im Mittelpunkt standen, werden nun zum Thema „In fremde Welten“ Filme vorgeführt, die sich den Routen skandinavischer Reisende in ferne Länder widmet. Zwei Highlights wurden sogar verraten: das Stummfilmevent Mit Sven Hedin durch Asiens Wüsten aus dem Jahr 1929, das von Studierenden der MHL mit Live-Musik begleitet wird, und der Film Windjammer von 1957/58 über eine Atlantikreise mit dem Segelschulschiff Christian Radich, präsentiert bei so oder so passendem Wetter auf der Dachterrasse des Hansemuseums mit Blick auf den Lübecker Hafen – schöne Idee von Christian Modersbach.

So richtig schmackhaft wurden die NFL den Anwesenden durch dieses Gespräch allerdings noch nicht gemacht. Wohl denen, die in der Museumsnacht schon einmal die beiden brandneuen Kurzfilme Ten Meter Tower (von Maximilien Van Aertryck und Axel Danielson, Schweden) und Halko – Der Knüppel (von Teemu Nikki, Finnland) beäugen konnten! Zwei kleine Meisterwerke höchst unterschiedlicher Art, aber beide äußerst amüsant, die man wie frau sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Damit wurde wirklich der Appetit auf mehr geweckt!

Lecker aber auch gestern die an- und abschließenden lukullischen Häppchen auf der Hotelterrasse ...


Fotos (c) Susanne Birck

Gerda Vorkamp
Gerda Vorkamp
Geboren 1958 in Herford, Lehramtsstudium, Angestellte im Fremdsprachendienst, freiberuflich tätig als Lektorin. Bei Unser Lübeck seit Beginn als Autorin und seit 2016 als Redakteurin dabei.

Sie haben keine Berechtigung hier einen Kommentar zu schreiben.